Er gilt als einer der erfolgreichsten TV-Ärzte Deutschlands. Seit 27 Jahren spielt Thomas Rühmann die Hauptrolle des Dr. Heilmann in der ARD-Serie „In aller Freundschaft“. Am 11. Mai wird der Chef der Sachsenklinik 70 Jahre alt und spricht über die Nebenwirkungen des TV-Ruhms.

BILD: Sie werden 70 Jahre alt. Feiern Sie gerne Geburtstag?

Thomas Rühmann: „Nur die runden Geburtstage. Ein paar Tage zuvor verstumme ich meistens ein wenig, und das große Fest ist dann immer so eine Art Befreiung aus den Gedanken über das Alter. Das Schöne ist, dass ich nicht darüber nachdenken muss, dass ich langsam abnippele, oder mich zurücknehmen sollte. Ich kann immer noch etwas zulegen und das ist ein tolles Gefühl.“

Sie spielen die Hauptrolle in einer Serie, haben ein eigenes Theater, gehen auf Konzerttournee. Wie halten Sie sich fit?

Rühmann: „Am meisten hält mich fit, dass ich das alles mache. Wenn der Kopf in Ordnung ist und man ein zufriedenes Gefühl hat, hält einen das extrem lebendig. Außerdem versuche ich einmal in der Woche Pilates zu machen und laufen zu gehen.“

Gibt es Phasen in Ihrem Leben, über die Sie sagen, da habe ich Zeit vergeudet?

Rühmann: „Auch diese Zeiten sind für etwas gut. Durch Niederlagen wird man demütig, wenn es dann wieder vorwärtsgeht. Dadurch, dass es einem auch mal schlecht ging, behält man den Boden unter den Füßen.“

„In aller Freundschaft“ war das „Licht am Ende des Tunnels“

Wie hat sich durch Ihre Rolle bei „In aller Freundschaft“ Ihr Leben verändert?

Rühmann: „Die Serie ist die Grundlage für alles andere, was ich mache. Sie sorgt dafür, dass meine Konzerte gut besucht sind, und auch ins Theater am Rand kommen ein Drittel der Zuschauer, weil sie mich kennen und zwei Drittel wegen der Kunst. Doch durch diese Bekanntheit steht man natürlich auch ständig unter Beobachtung. Es ist egal, wo ich unterwegs bin. Neulich rief sogar in Peking einer auf der Straße zu mir rüber, ,Herr Doktor Heilmann‘. Aber damit kann ich gut umgehen, ich strahle ja nicht aus, dass man mir auf die Schulter klopfen sollte.“

Nach der Wiedervereinigung hatten viele Schauspieler aus dem Osten Schwierigkeiten, im vereinten Deutschland Engagements zu finden. Wie war die Situation bei Ihnen?

Rühmann: „Ich bin 1995 aus dem Gorki Theater weggegangen, weil der erste West-Intendant kam, der alle entlassen hat, die er entlassen konnte. Das ist normal, nur wusste ich das damals noch nicht. Ich musste mich neu orientieren und versuchte nach den vielen Jahren am Theater, ins Medium Fernsehen hineinzukommen. Über zwei, drei Jahre bin ich Klinken putzen gegangen. Das war nicht einfach. 1997 gab es eine Situation, in der es ganz schön dünne wurde, und genau da kam das Angebot für ,In aller Freundschaft‘. Das war für mich wie das Licht am Ende des Tunnels. Es war für mich auch kein Problem, in einer Serie mitzuspielen.“

In aller Freundschaft“-Star Rühmann: Ich komme beim Arzt eher dran |  Unterhaltung | BILD.de

27 Jahre in einer Serie zu spielen, ist eine sehr lange Zeit. Das hieß zum Teil auch, Abschied von Kollegen zu nehmen.

Rühmann: „Man weiß vorher nicht, dass eine Serie so lange läuft, und dann beginnen auf einmal die Todesfälle. Damit muss man dann erst mal zurechtkommen. Als Hendrikje Fitz starb, die auch noch gute Freundin war, war das wirklich existenziell für mich. Das hat dazu geführt, dass wir mit der Band ein Lied spielen, der Text ist von Johannes R. Becher, ,Ich liebe Dich‘, den singe ich bei jedem Konzert, nach wie vor, auch nach neun Jahren, und sage dazu: ,Ein Lied für die Schauspielerin und Freundin Hendrikje Fitz‘, und darauf gibt es immer Applaus. Auch die Leute erinnern sich an die Figuren, die bei uns gespielt haben. Und wenn ich durch Leipzig gehe, muss ich oft daran denken, wie Dieter Bellmann hier im Sommeranzug und mit Hut durch die Straßen stolziert ist und denke immer noch, Dieter fehlt dieser Stadt!“

Als Dr. Heilmann in der Serie mussten Sie sich mit unzähligen Krankheitsbildern beschäftigen. Wird man da im Laufe der Jahre ein wenig hypochondrisch?

Rühmann: „Nein. Ich spiele die Rolle des Arztes, das ganze Medizinische ist für mich nicht so relevant. Das Einzige, das ich in meinen Alltag übernommen habe, ist das Wort Hämatom. Ich sage nicht mehr blauer Fleck. Und einen Vorteil hat die Rolle: Ich komme beim Arzt tatsächlich eher dran. Aber da fachsimple ich auch nicht, ich bin heilfroh, dass ich einen Arzt nur spielen muss.“